Cleos Strandausflug in Blavand
Hin und wieder findet auch Cleo Gefallen an Strandausflügen, obwohl sie für Spaziergänge in der Regel nicht viel übrig hat. Sie ist Mädchen und liegt am liebsten in der Sonne. Und was macht man in der Sonne? Sich sonnen und möglichst wenig bewegen!
Am Nordseestrand in Blavand war sie dann der Meinung, zwei Tage Strandspaziergänge, langweilig an der Leine, sind entschieden genug. Ein bisschen hierhin hampeln, ein bisschen dort hin springen und dann einen unerwarteten großen Satz, schon hatte sie sich losgerissen und war spurlos in den Dünen verschwunden. Die ersten 10 Meter konnte man mit scharfem Auge noch die kleinen Tapsen entdecken, dann aber hatte der heftige Wind in den paar Minuten alle weiteren Spuren zugedeckt. Vielleicht hatte Cleo auch nur einfach einen Haken geschlagen. Nachdem etlichen Stunden ergebnisloser Suche entwickelte die Phantasie die ersten Schreckensszenarien über ein kleines Hündchen, das hilflos in einer Falle hängt, unfähig, sich los zu machen oder das nicht mehr zurück findet, über Straßen irrt, von Autos überfahren, dänische Grundbesitzer, die nach einem Gesetz von 1872 auf ihrem Grundstück streunende Hunde mit der Schrotflinte verfolgen. Oder gar ein bevorstehender Rückreisetermin, ohne dass das arme kleine Hündchen wieder gefunden wurde.
Polizei, Tierschutz, Tierärzte, Spaziergänger, wer greifbar war wurde in die Suche eingebunden. Dutzende Male sind alle den Strand und die Dünen rauf und runter gelaufen, gesucht und gerufen. Auch die umliegenden Weiden wurden systematisch durchkämmt, was dazu führte, dass der eine oder andere in Starkstromleitungen geriet – was sich als elektrischer Weidezaun entpuppte, oder in unvermutet auftauchende Flüsse fiel – auch als Entwässerungsgräben bekannt. Aber schön modrig und voller Wasserlinsen. Was die umliegenden Weiden betrifft, das arme kleine Tier hätte hier auch hinter einem Busch sitzen können, umzingelt von finster blökenden Rindern, die nur auf eine Gelegenheit warteten, um in Stampede und über sie herzufallen.
Chico hatte da im letzten Jahr im Emsland schon seine Erfahrungen gemacht, als er strotzend vor Kraft eine Herde Galloways aufmischen wollte. Die waren damit nicht einverstanden, im letzten Moment konnte er sich unter den Zaun retten. Der Bürzel war danach fünf Minuten auf Halbmast, bei der Pferdekoppel ein paar Meter weiter hatte er das Erlebnis schon wieder verdrängt.
Aber zurück: Sand in den Schuhen, Blasen an den Füßen, Kuhfladen und Pferdeäpfel, die von den Wanderungen über die Weiden mitgebracht wurden, nach und nach wurde die Suchmannschaft kleiner.
Um es kurz zu machen: Abends, als es am Strand langsam langweilig weil ruhiger wurde und die Sonne sich anschickte, am westlichen Horizont unterzugehen, wurde es dem kleinen Mistvieh langweilig.
Immerhin, sie hatte den ganzen Tag Spaß, lag hinter einem Busch Strandhafer und konnte zusehen, wie die Leute über Strand, Dünen, Viehweiden irrten, langsam heiser wurden, riesige Sätze machten, wenn der Elektrozaun zuschlug, als nasse Pudel aus den Wassergräben kletterten, angewidert versuchten, Kuhfladen von den Schuhen zu wischen. Dazu eine Reiterstaffel vom nahe gelegenen Reiterhof, die ebenfalls in die Suche eingespannt worden war. Besser als jedes Nachmittagsfernsehprogramm.
Nach elf Stunden und reduzierter Suchmannschaften machte das rumliegen in der Düne keinen Spaß mehr, außerdem war es langsam Zeit, den Fressnapf zu sichten. Also konnte man sich mal in der Ferne sehen lassen. Aus Prinzip und um die Form zu wahren, hat sich das kleine Mistvieh, nachdem sie sicher war, gesehen worden zu sein, wieder in die Dünen getrollt. Allerdings langsam genug, damit die Verfolger ihr auch wirklich auf den Fersen bleiben konnten. Hunger ja, aber sich ganz freiwillig einfangen lassen, das geht natürlich deutlich gegen die Ehre eines rumänischen Straßenköterchens. Die Alternative wäre gewesen, die ganze Nacht im Freien zu verbringen, wobei es vielleicht wieder regnen würde oder freiwillig zurückkommen. Beides keine besonders ersprießliche Varianten. Das Körbchen neben der Couch, ein gefüllter Napf, natürlich nur mit den besten Leckereien, das doch was für sich.
Ein schlechtes Gewissen? Weit gefehlt! Schließlich hatte sie viel Spaß und wenn die anderen sich über den aufregenden Tag nicht amüsieren konnten, war das ja nicht ihre Schuld. Ein elendes kleines Mistvieh!
Auch mit der ganzen Kommunikation hatte sie nichts am Hut. Glücklicherweise waren die Vermieter des Ferienhauses gewohnt hilfsbereit, auch wenn die Kommunikation wegen eines ausgebüchsten kleinen schwarzen Hundes nicht gerade zu ihrem Standardrepertoire gehört. Aber die Feriekompagniet Blavand bietet generell einen sehr guten Service, schon ab Buchungsbeginn, ebenso wie während des Aufenthaltes. Mit den vielen Telefonaten mit den verschiedenen dänischen Einrichtungen wäre man als Tourist, wie ich ehrlich zugestehen muss, heillos überfordert gewesen.