Das Gesetz lässt keinen Spielraum
Diesen Spruch haben wir im Zusammenhang mit der Hundehalterverordnung schon mehrfach gehört und hier auch schon beispielhaft beschrieben.
Wenn es nicht so unsäglich „traurig“ wäre, müsste man bei folgender Geschichte von einem schlechten Witz sprechen.
Es ist schon eine Weile her, als bei Bad Kösen ein Hundehalter mit seinem Hund spazieren ging. Wie so oft, waren natürlich auch andere Besitzer mit ihren Tieren unterwegs. Manche mögen sich, da wird ein Schwätzchen gehalten, andere mögen sich nicht, da geht man sich üblicherweise aus dem Weg. Die letztere Konstellation führte nun dazu, dass ein freilaufender Hund seine Antipathie aktiv umsetzte, was zu einer heftigen Beißerei führte. So weit so gut, ein paar mäßig böse Worte und die Aufforderung, den Hund doch das nächste Mal bitte an die Leine zu nehmen, damit schien die Angelegenheit erledigt.
Nun geschah es aber, dass nicht allzu lange danach sich die gleiche Situation ergab. Hund an der Leine, der schon bekannte andere Hund wieder freilaufend, üble Beißerei, d.h. der leinengängige Vierbeiner hat sich gewehrt, recht bald haben sie dann voneinander gelassen. Seinem Herrchen war nun der Kragen geplatzt und er schaltete das Ordnungsamt ein, davon ausgehend, die würden seinen Kontrahenten in die Schranke weisen und dafür sorgen, dass besagter Besitzer seinen Hund zukünftig an die Leine nehmen würde. Und alle könnten wieder relativ unbeschadet aneinander vorbei gehen.
Nun denn, jetzt kommt das Gesetz ins Spiel, das wiederum keinen Spielraum lässt. Die große Überraschung. Der angefallene Hund hat ja gewehrt, nach Aussage seines unvorbereiteten Besitzers gebissen, sich nicht zerfleddern lassen. Für das Ordnungsamt der Stadt Naumburg/Saale ein klarer Fall von gefährlichem Hund und ein ebenso klarer Fall für die Hundehalterverordnung. Wesenstest, Hundeführerschein, volles Programm eben.
Der Einwand, das ja eben dieser angefallene Hund mitnichten gefährlich ist, sich vielmehr nur gewehrt hat, unter Menschen § 227 BGB Notwehr, zählt für das Ordnungsamt nicht. Was Recht ist, muss Recht bleiben – und das Gesetz lässt keinen Spielraum und die Bürokratie, sie lebe ohne Sinn und Verstand hoch. Die Klage gegen diesen Bescheid: ergebnislos! Das Gesetz lässt keinen Spielraum!
Eingabe an den Petitionsausschuss des Landtages, der eben dieses Gesetz in außerordentlicher Fachkompetenz erlassen hat: Viele Seiten lange Begründung – die Kurzfassung: Das Ordnungsamt hat richtig gehandelt. Das Gesetz lässt keinen Spielraum! Ein Hund, der ein anderes Lebewesen beißt oder gar verletzt, ist demzufolge in höchstem Maße gefährlich und muss als reißende Bestie behandelt werden.
Also, lieber Hundehalter, daraus folgt: Gehen Sie mit Ihrem vierbeinigen Freund und Gefährten zur Hundeschule und lassen ihm dort beibringen, wie man sich am besten wehrlos zerfleischen lässt, denn: Das Gesetz lässt keinen Spielraum!
Übrigens: Achten Sie darauf, dass nicht ruchbar wird, wenn ihr Hunde nach Fliegen schnappt, die ihm im Sommer lästig werden, denn Sie wissen nun: Das Gesetz lässt keinen Spielraum!
Und weil dem so ist, wurde im vergangenen Monat die Hundehalterverordnung still, heimlich und leise noch mal verschärft, die Begründung ist das Ministerium bis heute schuldig geblieben. Aber vielleicht wurden ja ein paar Fliegen gemeuchelt und wir wissen das nur nicht.
Aber vielleicht, bei der nächsten Verschärfung, lieber Hundebesitzer, sind Sie dran:
BGB § 227 Abs. 1 Eine durch Notwehr gebotene Handlung ist nicht widerrechtlich
BGB § 227 Abs. 2 Notwehr ist diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
Wehe dem, Sie werden danach Ihrem Hund, der sich gerade vorbildlich im Sinne des Gesetzes zerfleischen lässt, zur Seite stehen. Denn Sie wissen nun: Das Gesetz lässt keinen Spielraum!
Das wissen auch die Lemminge, wenn sie sich zu zehntausenden über die Klippe stürzen!
Hallo,
in Schleswig- Holstein ist Hundegesetz ja genau so restriktiv. Ich suche seit Wochen genau solche Vorfälle. Haben Sie vielleicht ein Aktenzeichen oder so etwas dazu? Wo man das online nachlesen kann?
Liebe Grüße Claudia